Zum Tode Dieter Hildebrandts
Nachdem mit Dietrich Kittner am 15. Februar 2013 das politische Kabarett bereits einen ihrer Großen verloren hatte, ist nun heute mit Dieter Hildebrandt der wohl bekannteste und erfahrenste deutsche Kabarettist von der Bühne des Lebens abgetreten. Der 86jährige starb in München an einem Krebsleiden.
Die Lücke, die er hinterlässt, ist riesig, die Trauer unglaublich groß. Dieter Hildebrandt war seit Jahrzehnten nicht nur eine feste Institution im kritischen politischen Kabarett der Bundesrepublik, sondern auch Vorbild für viele jüngere, die sich von ihm inspirieren ließen und denen er Mentor war. Unerbittlich gegen Duckmäusertum und Untertanengeist anspielend war Hildebrandt den Herrschenden stets ein Dorn im Auge. Schon seit den Münchner Zeiten, wo er 1956 die legendäre "Lach- und Schießgesellschaft" mit gründete, erlangte er bundesweites Aufsehen. Doch durch das Fernsehen wurde er schließlich geradezu zum Inbegriff des Kabarettisten. Seine regelmäßigen Auftritte im ARD-Live-Kabarett "Scheibenwischer" sind mir dabei genauso unvergesslich wie die grandiosen Rollen in den Gerhard Polt Filmen ‚Kehraus‘ und ‚Man spricht deutsch‘. Herausragend auch seine Rolle als Fotograf Herbie in der Serie "Kir Royal".
Nach eigenem Bekunden in den 60er und 70er Jahren ein „Sympathisant der SPD“, trat er aber nie in die Partei ein, weil er „schnell wieder rausgeflogen“ wäre. Seine Unterstützung der SPD-Wahlkämpfe 1969 und 1976 war stets von einem kritischen Blick auf die Sozialdemokratie begleitet. Konsequent war daher auch später sein Mitwirken an der Kampagne zur Aussetzung des „Sanktionsparagraphen“ 31 des SGB II und der Kampf gegen „Hartz IV“.
Genauso verlässlich wie Hildebrandts bissige Kritik an sozialen und politischen Missständen waren die darauf folgenden Anfeindungen und Repressionen von konservativer Seite. Regelmäßig wurden seine Auftritte behindert, Sendungen abgesetzt oder zensiert. Gerade in Bayern, wo er die meiste Zeit seines Lebens arbeitete und wirkte, wog seine Stimme schwer und provozierte die von ihm kritisierten bis aufs Blut.
Sein aufgeklärter Humanismus und seine Parteilichkeit für die Ausgegrenzten, Entrechteten und Unterdrückten waren sowohl für die politische Kultur als auch die gesellschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik enorm wichtig. Die Lücken, die er hinterlässt, werden nur schwer zu schließen sein. Blieben sie dauerhaft offen, würden der Kritik hierzulande die schärfsten Waffen fehlen.