Linke leakt unter Verschluss gehaltene Bund-Länder-Vereinbarungen über Schiedsgerichtsordnung und fordert umfassendes Gesetz zur Restitution von NS-Raubkunst
„Nachdem alle Versuche der vergangenen Wochen gescheitert waren, die Bundesregierung dazu zu bewegen, dem Bundestag und der Öffentlichkeit die Beschlüsse des 21. Kulturpolitischen Spitzengesprächs vom 09. Oktober 2024 über die Errichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit für Fälle nationalsozialistischer Raubkunst zur Verfügung zu stellen, veröffentlichen wir sie jetzt. Dieser Schritt ist notwendig, da nur so die Geheimniskrämerei von Bund und Ländern beendet und endlich über die geplante Schiedsgerichtsordnung öffentlich fundiert debattiert werden kann. Für die Linke ist klar, dass ohne ein umfassendes Restitutionsgesetz, jede Strukturreform – egal ob durch die Einführung einer Schiedsgerichtsbarkeit oder die Stärkung der Beratenden Kommission – nicht viel mehr als ein unbrauchbarer Etikettenschwindel ist“, erklärt Jan Korte, kulturpolitischer Sprecher der Linken im Bundestag. Korte weiter:
„Es war ein Affront gegenüber dem Parlament und einfach nicht länger hinnehmbar, dass die Dokumente in ihrer beschlossenen Fassung von Bund und Ländern unter Verschluss gehalten und so eine sachlich-inhaltliche Auseinandersetzung verhindert wurde. Und diese Intransparenz wird auch dem Thema in keiner Weise gerecht. Hunderttausende Kunstwerke wurden von den Nazis zwischen 1933 und 1945 geraubt und nur ein Bruchteil davon wurde bislang den früheren Besitzern zurückgegeben. Trotz aller Reden und Bekenntnisse zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, ist die Bundesrepublik auch fast 80 Jahre nach Kriegsende offenkundig nicht willens, das NS-Unrecht im Hinblick auf die Kulturgüter angemessen und umfassend wiedergutzumachen. Nach wie vor wird jegliche grundlegende Reform der (Eigentums-) Rechtslage zugunsten der Opfer und ihrer Nachfahren vermieden, da dadurch die Interessen der Tausenden öffentlichen und privaten Besitzer von NS-Raubkunst tangiert und eine staatliche Entschädigungspflicht auf die Tagesordnung käme.
Statt unbrauchbarer Konstruktionen und Hinterzimmer-Beschlüssen, die im Kern nur den Status Quo und das himmelschreiende Unrecht fortschreiben, brauchen wir ein solides und umfassendes Restitutionsgesetz, das klare Regeln für die Rückgabe und Entschädigung nationalsozialistischer Raubkunst enthält. Neben der Stärkung der Auskunftsrechte für die Betroffenen und der einseitigen Anrufbarkeit müssen die Hauptprobleme angegangen werden: Sowohl die Verjährung als auch die sogenannte Ersitzung, also der ganz legale Erwerb der geraubten Kunstwerke nach einer bestimmten Besitzzeit sowie der „Erwerb im guten Glauben“ müssen endlich ausgeschlossen werden. Ansonsten kümmert man sich so nur um maximal zwei Prozent der geraubten Kunstwerke.
Ich hoffe, dass jetzt auf Grundlage der Beschlüsse von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eine breite gesellschaftliche Debatte stattfinden kann. Denn die Beschlüsse werfen auch ohne ausreichende gesetzliche Regelungen einige Fragen auf:
- Wieso soll z.B. die alleinige Anrufbarkeit bei privaten Haltern von Kulturgut, wie Galerien, Auktionshäuser, Unternehmen, Stiftungen etc. aber auch Privatpersonen nicht gelten?
- Warum soll weiterhin nur mit einem „Bewertungsrahmen“, der dazu noch recht zweifelhafte Formulierungen enthält und eher eine Verschlechterung für die Opfer bedeuten würde, gearbeitet werden, der keinen Gesetzesstatus hat?
- Wer soll die Provenienzforschung für das Schiedsgericht leisten?
Am besten wäre es, wenn sowohl der völlig vermurkste Gesetzentwurf der Ampel (BT-Drucksache 20/13258) als auch die Pläne zur Einführung einer Schiedsgerichtsbarkeit in den Papierkorb wandern und Platz für faire und gerechte Lösungen auf Grundlage eines Restitutionsgesetzes machen würden.“
Die Dokumente finden Sie hier: