Geschichte des Kalten Krieges muss endlich aufgearbeitet werden
Anlässlich des 50. Jahrestages der Verurteilung der Führung des »Friedenskomitees der Bundesrepublik Deutschland« erklärt Jan Korte (MdB), Mitglied des Parteivorstandes:
Wer unter Adenauer gegen die Wiederbewaffnung und gegen jeglichen Militarismus war, geriet schnell ins Visier der Staatsanwaltschaften. Schon in den 50er Jahren bekamen die Bewegungen gegen die Wiederaufrüstung und gegen die Atombewaffnung die volle Wucht der westdeutschen Justiz zu spüren. Obwohl sich in Umfragen 73-75% der Bevölkerung gegen eine Wiederbewaffnung aussprachen wurde mit den §§ 88ff im Strafgesetzbuch ein Gesinnungsstrafrecht eingeführt, das sich anfangs meist gegen Kommunisten, bald auch gegen andere Teile der Friedensbewegung richtete. Alleine im Zuge der Kriminalisierung der Volksbefragung gegen die Wiederbewaffnung wurden über 7.000 Helfer der Volksbefragungsaktionen für kürzere oder längere Zeit in Untersuchungshaft genommen, was oft zu beruflichen Nachteilen bis zum Verlust von Arbeitsplatz oder Werkswohnung führte.
Am 8. April 1960 wurden schließlich führende Persönlichkeiten des Friedenskomitees der Bundesrepublik Deutschland, denen die Staatsanwaltschaft vorwarf, sich als »Rädelsführer in einer verfassungsfeindlichen Organisation« betätigt zu haben, nach einem fünf Monate dauernden Großverfahren zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt. Der Prozess gegen den Pastor Johannes Oberhof, den früheren KPD-Funktionär und ehemaligen Pfarrer Erwin Eckert, den Dolmetscher Walter Diehl, den Verlagsleiter Gerhard Wohlrath, den Arbeiter Gustav Tiefes, den Versicherungsangestellten Erich Kompalla und die ehemalige SPD-Stadträtin Edith Hoereth-Menge erregte auch im Ausland großes Aufsehen. Die Tatsache, dass es außer dem damals faschistisch beherrschten Spanien nur die Bundesrepublik war, die die weltweit agierenden Sektionen des Friedenskomitees als angebliche kommunistische Tarnorganisation verfolgten, sagt viel über den herrschenden Zeitgeist der Adenauer-Ära aus. Heinrich Hannover analysierte zutreffend, dass »die Angst der Herrschenden vor einer Revolutionierung der Köpfe [...] eine spezifisch deutsche Justiztradition hervorgebracht« hat. Diese und andere Aspekte der Geschichte des Kalten Krieges in der BRD müssen endlich aufgearbeitet werden.