Europa im Überwachungswahn
"Die Ankündigung der EU-Kommission, im August eine Neufassung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen und vorher kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten, zeigt eines klar: Der anhaltende Koalitionsstreit war und ist reines Wahlkampfgetöse. Vor den Landtagswahlen passiert nichts mehr, und danach wird man sich unter dem 'Druck Europas' einigen und gemeinsam Grundrechteabbau betreiben. Im Windschatten dieser Inszenierung schafft man allerdings auf europäischer Ebene längst Fakten: Der weitere Ausbau der Überwachung innerhalb der EU und in ihren Beziehungen zu Drittstaaten schreitet gleich an etlichen Stellen voran, und stets bedient man sich des Mittels der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung", erklärt Jan Korte, Mitglied im Vorstand der Fraktion DIE LINKE, zum Ausbau der europäischen Sicherheitsarchitektur und zur Rolle der Vorratsdatenspeicherung. Korte weiter:
"Die Proteste der Bürgerrechtsbewegung konnten den europäischen Marsch in den Überwachungsstaat bislang nur bei Details verzögern. Vor allem die konservativen Innenminister erhöhen jetzt wieder die Schrittgeschwindigkeit. Nachdem letzte Woche das Fluggastdatenabkommen mit den USA durch die Stimmen von konservativen und sozialdemokratischen Abgeordneten vom Europaparlament verabschiedet wurde, kommen jetzt auch die eigenen, seit langem gehegten europäischen Pläne für ein gigantisches Überwachungssystem auf die Tagesordnung. Bereits das SWIFT-Abkommen hat gezeigt, wie die EU unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung Datenschutzgrundsätze über Bord wirft. Nun wiederholt sich das Spiel bei dem EU-eigenen Fluggastdatensystem. Und das Ganze hat System: Im Rahmen des ‚Stockholmer Programms‘ wird die polizeiliche, militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit in Europa gezielt vorangetrieben. Die Folge: Die Bürgerinnen und Bürger werden mit Hilfe von Vorratsdatenspeicherungen, Datenaustauschprogrammen und der Überwachung des Internets unter Generalverdacht gestellt. Dem muss endlich Einhalt geboten werden. Mit ein bisschen mehr Datenschutz ist es nicht getan, die ganze Richtung ist verkehrt. Es ist höchste Zeit für eine Reaktivierung und Internationalisierung der Bürgerrechtsbewegung."