Bundesregierung betreibt ELENA-Nachfolgeprojekte
Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "ELENA-Nachfolgeprojekte Bea und OMS» (Drs. 17/9805) hervorgeht, forciert die Bundesregierung offenbar eine Neuauflage des kläglich gescheiterten ELENA-Verfahrens.
Nachdem massive Akzeptanzprobleme, Proteste von Gewerkschaftern und Datenschützern sowie finanzielle und technische Probleme dazu geführt hatten, dass die Bundesregierung im letzten Jahr den Elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) einstellen musste, versucht sie nun ganz offenbar still und heimlich, Teile des Projektes zu reanimieren.
Aus der Antwort geht hervor, dass das Scheitern von ELENA von der Bundesregierung noch nicht einmal im Ansatz aufgearbeitet worden ist. Trotzdem plant die Bundesagentur für Arbeit seit längerem ein Projekt "Bescheinigungen von Arbeitgebern elektronisch annehmen" (Bea) und treibt dies zielstrebig voran. Bea soll eine schlankere Version von ELENA werden und baut direkt auf deren Software auf. Eingebettet sei Bea in das groß angelegte Projekt "Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung" (OMS) des Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das am 15. Februar 2012 startete.
Welche Daten im Rahmen von Bea übermittelt werden sollen, verrät die Regierung, vermutlich aus guten Gründen, nicht. Stattdessen erklärt sie, die Datensätze, die im Rahmen von Bea übermittelt werden sollen, würden »aus den im Rahmen des ELENA-Verfahrens auch datenschutzrechtlich abgestimmten Datensätzen entwickelt». Auf Nachfrage des Tagesspiegel, was »entwickelt» in diesen Zusammenhang genau bedeuten solle, wollten weder die Bundesagentur für Arbeit, noch der in das Projekt Bea eingebundene Bundesdatenschutzbeauftragte nähere Angaben machen. Stattdessen musste ein Sprecher des zuständigen Arbeitsministerium auf Anfrage erklären: »Abschließende oder weitergehende Angaben als die in der Antwort gemachten sind derzeit nicht möglich – auch nicht zur technischen Umsetzung, die mit Entwicklung der Datensätze umschrieben wird». Mit Sprechblasen dieser Art, die Klarheit und Sicherheit der Projektplanung vortäuschen, wurde bislang bei allen digitalen Großprojekten getrickst und unendlich viel Geld verplempert. Und so ganz nebenbei werden dadurch auch Stand und Ziel der Projekte verschleiert.
Immer gab es Ziele, die auf Nachfrage nicht konkret dargestellt werden können, Studien, die es nicht gibt oder die erst in Planung sind, Aktivitäten, die ohne Vorarbeiten und deren Evaluierung eingeleitet werden. Ich denke da zum Beispiel an den Digitalfunk, die elektronische Gesundheitskarte und an den biometrischen Ausweis.
Pikant: In ihrer Antwort behauptet die Bundesregierung, eine "Machbarkeitsstudie» zu Bea sei »als Teilschritt des Projekts von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt» worden. Auf Anfrage des Tagesspiegel räumte die Bundesagentur für Arbeit jedoch mittlerweile ein, dass es die Machbarkeitsstudie gar nicht gebe. Um diesen Widerspruch aufzuklären, hat die Linksfraktion inzwischen eine weitere Frage an die Bundesregierung gestellt. Auf die Antwort darf man jedenfalls gespannt sein. Die bisherige Praxis nährt zumindest die Zweifel, dass die Regierung bei den Nachfolgeprojekten von ELENA mit offenen Karten spielt. Anstatt endlich das Scheitern ihrer IT-Großprojekte-Politik zu akzeptieren und dessen Ursachen ehrlich und ergebnisoffen zu diskutieren, wird offenbar still und heimlich die nächste Investitionsruine vorbereitet. Dies werden wir der Koalition aber nicht durchgehen lassen. Es kann nicht sein, dass der Pleitenserie der bisherigen E-Government-Initiativen der Behörden nun mutwillig weitere Kapitel angefügt werden.»
Es steht außerdem zu befürchten, dass die elektronische Gesundheitskarte, deren Einsatz bei ELENA geplant war, auch bei Bea zum Einsatz kommen soll. Es lässt zumindest aufhorchen, dass OMS über ein Projektbüro gesteuert wird, das bei der Informationstechnischen Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG GmbH) angesiedelt ist. Der Geschäftsführer der ITSG GmbH, Harald Flex, war auch Gründungsgeschäftsführer der Gematik GmbH, einer Gesellschaft der Krankenkassen und Ärzteverbände, die für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zuständig ist. In der Antwort auf die Kleine Anfrage heißt es, zu Bea-Projektsitzungen habe man auch »Vertreter der Praxis aus Unternehmen und Softwareersteller eingeladen».
Hier ein Link auf den Beitrag bei Linksfraktion.de