Untätige Behaglichkeit
Von Jan Korte, Leiter des Arbeitskreises Demokratie, Recht und Gesellschaftsentwicklung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
"Die Ruhe ist dein Feind, sie ist mein Feind, ist der Feind aller Menschen – ich meine die Ruhe der untätigen Behaglichkeit", schrieb dereinst Christian Morgenstern.
Beim Blick auf das politische Berlin kann man einen Eindruck von der "untätigen Behaglichkeit" bekommen. Denn das Parlament ist durch Weigerungen von Union und SPD zur Untätigkeit gezwungen. Und damit scheinen sich die potentiellen Koalitionsparteien recht wohl zu fühlen.
Parlamentsausschüsse, wichtige Bausteine für die parlamentarische Arbeit, gibt es zurzeit nicht. Abgelehnt wurde auch der Antrag der Fraktion DIE LINKE, zumindest einige Ausschüsse wie den Innenausschuss einzusetzen und dort die Arbeit aufzunehmen. Bizarr an dieser Angelegenheit: Gleichzeitig votierten CDU/CSU und SPD für die Überweisung eines Antrages zur Aufklärung der NSA-Spähaffäre der Linksfraktion in eben jene Parlamentsausschüsse.
Hunderte von Eingaben aus der Gesellschaft bleiben liegen
Im Juni 2013 fand die letzte reguläre Bundestagssitzung statt. Dabei wären viel mehr nötig gewesen, angesichts der NSA-Abhör-Skandale und den Sorgen und Nöten der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Im Arbeitskreis V arbeiten die Innen-, Rechts- und Petitionspolitiker der LINKEN. Letztere haben einen sehr guten Blick dafür, wo es den Menschen unter den Nägeln brennt und wie viel Arbeit sich in den letzten Monaten getürmt hat. Hunderte von Eingaben und Petitionen aus der Gesellschaft heraus können ohne Ausschuss nicht bearbeitet oder dem Bundestag beschieden werden. Gesellschaftliche Probleme und gesellschaftliches Engagement werden also auf die lange Bank geschoben. DIE LINKE versucht trotz alledem mit Petenten im Kontakt zu bleiben und ihre Belange in unsere aktuelle Politik, auch in der Zeit der "Behaglichkeit des Bundestages", einzubeziehen.
Gravierender sieht es sogar im Bereich der Innenpolitik aus. Zwar ist der NSU-Untersuchungsausschuss formal beendet, doch hatten sich alle Fraktionen auf konkrete Schlussfolgerungen aus der rechtsextremen Mordserie in ihrem Abschlussbericht im September geeinigt. Doch wer soll nun über deren Umsetzung beraten und befinden, wenn das Parlament am Arbeiten gehindert wird?
DIE LINKE arbeitet und gibt keine Ruhe
Bedrohlich wird die Ruhe im Parlament besonders für die vielen Initiativen und Vereine, die sich gegen Neonazis und Faschisten zur Wehr setzen. Denn ohne einen verabschiedeten Bundeshaushalt für das kommende Jahr, ist deren Finanzierung und damit Existenz – also erneut gesellschaftliches Engagement – gefährdet.
Und auch in Fragen der "öffentlichen Sicherheit" ist das Aussetzen parlamentarischer Arbeit brisant. Dem "Aufklärungswillen" des Bundesinnenministers Friedrich (CSU) in Sachsen NSA ist nicht viel abzugewinnen. Das hat er bereits in der Vergangenheit bewiesen. Auch deshalb hat DIE LINKE eine ausführliche Aufklärung und Debatte über das Agieren deutscher und ausländischer Geheimdienste verlangt. Hierzu wurde im Arbeitskreis V ein ausführlicher Antrag erarbeitet, der nun seiner Behandlung harrt. DIE LINKE will jetzt, wie die Bürgerinnen und Bürger auch, Aufklärung und möchte nicht bis zur möglichen Einsetzung eine Untersuchungsausschusses warten. Dafür arbeiten wir und geben eben keine Ruhe!
Erschienen auf linksfraktion.de, 23. November 2013