Geheimdienstspitzelei im Bundestag?
Nach Medienberichten, wonach neben der Bundesregierung und der Kanzlerin auch das gesamte Regierungsviertel, also auch die Liegenschaften des Bundestags sowie einzelne Spitzenpolitikerinnen und Politiker, unter anderem aus der Opposition, insbesondere durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA und den britischen Geheimdienst GCHQ überwacht wurden und werden, richtete Jan Korte am 10. Januar 2014 fünf Fragen an den Bundestagspräsidenten, um herauszubekommen, inwieweit der Bundestag aktiv geworden ist, um für Aufklärung zu sorgen und die Rechte des Bundestags zu wahren.
Nun liegt uns seit ein paar Tagen die Antwort des Bundestagspräsidenten vor, der zumindest zu entnehmen ist, dass das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nicht nur "regelmäßig den vorhandenen Abhörschutz in den Liegenschaften des Deutschen Bundestages" prüft, sondern auch "im Zusammenhang mit den aktuellen Abhöraktivitäten und der aufgekommenen Frage, inwieweit auch die mobile Kommunikation in Parlamentsgebäuden abgehört werden könne", angeboten habe "unter anderem bei ausgewählten Liegenschaften des Deutschen Bundestages eine partielle Signalauswertung durchzuführen".
Im Klartext bedeutet dies wohl, dass das BSI von einer Ausspähung ausgeht und diesem Verdacht auch nachgehen würde. Bislang ist dies aber offenbar noch nicht geschehen und auch Bundestagspräsident und Ältestenrat haben erst am 13.2.2014 die IuK-Kommission (Informations- und Kommunikationstechniken) des Bundestages "gebeten, dieses Angebot zu beraten und dem Ältestenrat eine Beschlussempfehlung zu unterbreiten."
Während also einerseits bis heute den Medienberichten und begründeten Vermutungen nicht ernsthaft nachgegangen wurde, sieht der Bundestagspräsident bis zum heutigen Tag keinen "Anlass für gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen, für die Einleitung von Ermittlungen oder die Erstattung einer Strafanzeige".
Dieser Umgang ist inakzeptabel und eigentlich unfassbar. Weder wird versucht schnell aufzuklären, noch irgendetwas effektiv dem Ausspähen durch NSA und Co. entgegengesetzt. Man kann nur hoffen, dass sich der Bundestagspräsident seiner Verantwortung und Funktion als Rechtewahrer des Bundestags und als Inhaber der Polizeigewalt für die Bundestagsliegenschaften besinnt und zumindest der Bundestag schnellstmöglich etwas unternimmt, um die freie und sichere Kommunikation der Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter zu gewährleisten. Nur weil sich die Bundesregierung, aus Angst vor einer Auseinandersetzung mit den Verbündeten, offenbar mit dem Abhören durch „befreundete Dienste“ abgefunden hat, heißt das ja nicht, dass dies das Parlament oder die Opposition genauso machen müssen. Die in Kürze tagende IuK-Kommission hat die Chance hier endlich einen Kurswechsel einzuleiten. Man wird sehen, was dabei herauskommt.
Über die Antwort auf die Fragen ist ein Artikel auf Spiegel-Online erschienen:
"Überwachungsskandal: Bundestag soll abhörsicher werden"