Überwachern dringend Einhalt gebieten
"Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles was ich mache, der Name jedes Gesprächspartners, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird."Edward Snowden
Heute jähren sich die Veröffentlichungen über die von Edward Snowden enthüllte digitale Massenüberwachung der westlichen Geheimdienste. Mit dutzenden geheimen Programmen bespitzeln NSA, BND, GCHQ und wie sie alle heißen weltweit jegliche Form unserer Kommunikation und verletzen dabei massiv Grund- und Menschenrechte. Seither war viel von Aufklärung die Rede, getan hat sich jedoch von offizieller Seite nichts: Die Bundesregierung hat bis heute im Prinzip keine Antworten zu den Machenschaften der Geheimdienste. Und die Unionsvertreter im kürzlich installierten Untersuchungsausschuss begreifen sich offenbar mehr als verlängerter Arm der US-Regierung und weniger an Rechtstaatlichkeit interessiert und bremsen und blockieren, wo es nur geht. Noch schlimmer ist allerdings, dass die Bundesregierung gleichzeitig ihre Behörden die Kooperation mit den Spitzeln von NSA und Co. intensivieren und weiterhin massenhaft Daten austauschen lässt, aber nach außen hin so tut, als wäre nichts gewesen.
Bundesregierung und Sicherheitsbehörden haben bei der inneren Sicherheit schon lange jegliches Maß verloren. Urteile gegen Vorratsdatenspeicherung, zur Online-Durchsuchung und Anti-Terrordatei sprechen eine beredte Sprache, wenn Gerichte mit letzter Kraft versuchen, den Gesetzgeber auf grundrechtskonformem Kurs zu halten.
Jegliche Hemmung verloren
Doch jetzt, offenbar ermuntert durch den bislang ausbleibenden großen Aufschrei und Protest, verlieren sie jegliche Hemmungen: Bevor die Aufklärung über die Geheimdiensttätigkeiten überhaupt begonnen hat, sollen die eigenen Überwachungskapazitäten massiv ausgeweitet werden. Die Pläne zur Aufrüstung von Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und MAD sind enorm:
Während der BND alleine bis 2020 mehr als 300 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die digitale Schnüffelei bekommen soll, wird das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der "Spionageabwehr" kräftig finanziell und personell aufgerüstet, um so seine Überwachungsfähigkeiten zu erhöhen. Gleichzeitig möchte nicht nur der BND, sondern auch die Bundeswehr in Zukunft soziale Medien ausforschen können. Die Schnüffler von BND und MAD wollen sämtliche Tweets, Facebook-Likes und Postings in Echtzeit überwachen und so der NSA immer ähnlicher werden.
Bundesregierung und Koalition wollen Fakten schaffen, bevor der NSA-Untersuchungsausschuss seine Arbeit richtig aufgenommen hat. Eines der zentralen Ziele des Ausschusses soll die Überprüfung der Überwachungspraxis der deutschen Geheimdienste sein. Alles deutet auf die Verfassungswidrigkeit der BND-Abhörpraxis hin, mit der sich demnächst auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigen muss. Wenn Geheimdienste mit oder ohne Billigung ihrer Regierungen umfassende Überwachungen und sogar Manipulationen an der Telekommunikation der Menschen durchführen können, sind die Grundlagen unserer Gesellschaft akut bedroht. Doch das kümmert Merkel, de Maiziére, Gabriel und Co. kein Deut. Die anhaltende antidemokratische Grundrechtszerstörung ist nicht zufällig entstanden, sondern politisch gewollt. Union und SPD betrachten die Totalüberwachung als legitimes Mittel, obwohl sie nachweislich nichts gegen Terrorismus oder andere schwerste Verbrechen bringt.
Für eine neue Bürgerrechtsbewegung
Es muss endlich etwas gegen die anlasslose Massen-Überwachung aller Menschen durch die NSA und andere Geheimdienste getan und der weitere Gang in den präventiven Sicherheitsstaat verhindert werden. Wer dabei auf diese Bundesregierung vertraut, ist im Jahr eins nach Snowden verraten und verkauft. Eine neue Bürgerrechtsbewegung, die im Interesse des Schutzes der Privatsphäre des Einzelnen, Staat und Wirtschaft die notwendigen Grenzen aufzeigt, muss endlich politische Kraft entwickeln. Politische Kraft auch gegen die Gefahr der Gewöhnung an die sich jagenden Skandale, die zusammengenommen einfach einen immer bedrohlicheren Alltag ausmachen. Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!
DIE LINKE wird alles versuchen, ihren Teil dazu beizutragen und hat unter anderem in den laufenden Haushaltsberatungen die Streichung sämtlicher entsprechender Etatplanungen beantragt.
erschienen auf www.linksfraktion.de am 5. Juni 2014