Bundesregierung macht falsche Angaben
Bereits mehrfach hat Jan Korte bei der Bundesregierung nachgefragt, welche Erkenntnisse sie über Wirtschaftsspionage durch die NSA in der Bundesrepublik hat - zuerst im Juni/August 2014 in der Anfrage "Geheimdienstliche Angriffe und Spionage bei deutschen Unternehmen", und vor kurzem, nach der Veröffentlichung diesbezüglicher Snowden-Dokumente, erneut in der Anfrage "Konsequenzen nach Angriff auf weltweit größten Chipkartenhersteller durch die Geheimdienste NSA und GCHQ". Die Bundesregierung gab hier jeweils vor, keine Erkenntnisse über Wirtschaftsspionage zu haben. Heute wissen wir, dass die Antworten schlichtweg gelogen waren und das Kanzleramt schon 2008 von entsprechenden Aktivitäten wußte.
Mindestens bei der Beantwortung folgender Antworten hat die Bundesregierung die Unwahrheit gesagt. Im August 2014:
8. Ist der Bundesregierung bekannt, in welchen anderen Staaten die NSA und andere US-Dienste Wirtschaftsspionage betrieben haben bzw. betreiben?
Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder andere US-Dienste in anderen Staaten.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Jan Korte und der Fraktion DIE LINKE "Geheimdienstliche Angriffe und Spionage bei deutschen Unternehmen" (Drucksache 18/2281) vom 5. August 2014
...und im April dieses Jahres eine Nachfrage dazu:
3. Revidiert die Bundesregierung nach Bekanntwerden des Gemalto-Hacks ihre Position, dass kein US-amerikanischer Geheimdienst deutsche Unternehmen und Konzerne ausspäht (vgl. die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2281)?
Der Bundesregierung liegen zu dem fragegegenständlichen Sachverhalt keine eigenen Erkenntnisse vor. Sie sieht daher derzeit keine Veranlassung, frühere Aussagen zu revidieren.[...]
5. Revidiert die Bundesregierung nach Bekanntwerden des Gemalto-Hacks ihre Antwort zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/2281), wonach sie keine Erkenntnisse zu Wirtschaftsspionage durch die NSA oder andere US-Dienste in anderen Staaten habe, und wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?
Nein. Es liegen weiterhin keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder anderen US-Diensten in anderen Staaten vor.6. Wie schätzt die Bundesregierung die durch den Gemalto-Hack und mögliche weitere Angriffe befreundeter Geheimdienste auf IT-Sicherheitsunternehmen bestehende Bedrohungslage ein?
Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die hierzu eine Schlussfolgerung zuließen.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Jan Korte und der Fraktion DIE LINKE "Konsequenzen nach Angriff auf weltweit größten Chipkartenhersteller durch die Geheimdienste NSA und GCHQ" (Drucksache 18/4637) vom 16. April 2015
Die Große Koalition handelt ohnehin gerne nach der Maxime „Vertrauen ist gut, Kontrolle überflüssig!“ und gibt nur Informationen preis, wenn sie muss. Dieses schon aus dem NSA-Untersuchungsausschuss zur Genüge bekannte Gebaren setzt sich weiter fort. Dass Fragen aus dem Parlament an die Bundesregierung offenbar bewußt falsch beantwortet werden ist eine neue Qualität. Und es stellt sich natürlich die Frage ob sich dieses Antwortverhalten nur auf die oben genannten vier Fragen bezieht, oder ob die Bundesregierung zu anderen Anlässen ebenso falsche Angaben gemacht hat.