Kanzleramt ist Gefahr für die Pressefreiheit
"Die frühere Behauptung der Bundesregierung in ihrer Antwort auf meine entsprechende schriftliche Frage vom 7. August, wonach 'die Mitglieder der Bundesregierung […] im Vorfeld von der Anzeige des BfV nicht informiert waren', war offensichtlich unwahr.
Nach den jüngsten Eingeständnissen der Bundesregierung muss davon ausgegangen werden, dass neben dem Bundesinnenminister auch die Kanzlerin von Beginn an über die Landesverratsermittlungen und Anzeigen gegen netzpolitik.org informiert gewesen ist. Der Angriff auf die Pressefreiheit hatte somit die Billigung der Kanzlerin. Das muss Konsequenzen haben", erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, zu Medienberichten, wonach bereits am 21. April, also mehr als drei Monate früher als bislang behauptet, Verfassungsschutzchef Maaßen das Kanzleramt direkt über die Anzeigen gegen zwei Blogger von netzpolitik.org in Kenntnis gesetzt hatte. Korte weiter:
"Mindestens genauso unerträglich wie die ständige Trickserei und Vertuschung ist die verlogene Entrüstung, mit der sich die Bundeskanzlerin vom Treiben ihrer Minister, Verfassungsschützer und des Generalbundesanwaltes distanzierte. Sowohl das Bundesinnenministerium als auch das Bundeskanzleramt hatten von der Strafanzeige von Anfang an Kenntnis und sie offensichtlich gebilligt. Frau Merkel trägt damit genauso wie Bundesinnenminister de Maizière die Verantwortung für den Versuch, Journalisten einzuschüchtern und die Pressefreiheit einzuschränken. Die durch Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes geschützte Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft. Wo Journalistinnen und Journalisten Strafverfolgung und Repression befürchten müssen und eingeschüchtert werden, kann keine öffentliche Kontrolle und freie Meinungsbildung erfolgen.
DIE LINKE fordert deshalb als Konsequenz aus dieser Affäre einen umfassenden Whistleblowerschutz und die Abschaffung des Straftatbestands eines 'publizistischen Landesverrats'. Personen, die lediglich als geheim eingestufte Dokumente veröffentlichen, müssen von der Strafverfolgung ausgenommen werden. Wir brauchen dringend einen umfassenden Schutz derjenigen, die Hinweise weitergeben oder veröffentlichen, um auf Missstände und Grundrechtsverletzungen hinzuweisen. Kritische Medien, die über das globale Ausspionieren der Geheimdienste berichten, begehen keinen Landesverrat, sondern machen sich um die Demokratie verdient."
Presseerklärung auch auf Linksfraktion.de