Lockere Beziehung zur Wahrheit
Vor einigen Tagen hat der Bayerische Rundfunk über Klagen gegen die Vorratsdatenspeicherung berichtet und dabei aus einem Papier des Innenministeriums zitiert, welches auf der Pressekonferenz von Bundesinnenminister de Maizière verteilt wurde. Darin rühmt sich das Innenministerium damit "Tathintergründe und Netzwerkstrukturen können wir inzwischen durch die Wiedereinführung der sogenannten Vorratsdatenspeicherung besser aufklären“ Quelle, S. 15.
Tatsächlich werden derzeit keine Daten gespeichert, auf die nicht auch schon vor Inkrafttreten des Gesetzes am 18.12.2015 zurückgegriffen werden konnte. Maßgeblich dafür ist nicht nur der Punkt, dass die Speicherung der Verkehrsdaten für die Telekommunikationsunternehmen teuer und aufwendig ist und sie deshalb nicht vor Beginn der Verpflichtung mit der Vorratsdatenspeiocherung beginnen werden, sondern auch, dass die Anforderungen an die Datensicherheit bislang noch nicht endgültig festgelegt wurden. In einer Antwort auf eine Schriftliche Frage von Jan Korte schätzt das Bundesjustizministerium, dass aufgrund der "komplexen technischen Implementierung" der Anforderungen nicht vor dem 1. Juli zu gesetzmäßigen Datenspeicherungen kommen kann.
Die Reaktionen der TK-Anbieter und Provider auf den ersten Entwurf des Anforderungskatalogs zeigen, dass sie weder technisch noch finanziell in der Lage sind, die Hürden des Bundesverfassungsgerichts zu meistern. "Innenminister de Maizière schmückt sich mit Federn, die es noch gar nicht gibt. Diese lockere Beziehung zur Wahrheit, die er nicht zum ersten Mal demonstriert, ist verantwortungslos und fällt leider auf die Politik allgemein zurück", hat Jan Korte die voreilige Selbstbeweihräucherung im Innenministerium kommentiert.
Unabhängig von Gerichtsurteilen brauchen wir dringend eine breite gesellschaftliche Debatte über eine bürgerrechtliche Kehrtwende in der Innenpolitik und ein Ende des hinter der Vorratsdatenspeicherung stehenden Sicherheitskonzepts der Massenüberwachung.