Der kurze Frühling der Pariser Kommune
Heute vor 150 Jahren begann mit der Pariser Kommune der erste Versuch zur Etablierung einer sozialen „Republik der ArbeiterInnen“. Er wurde blutig niedergeschlagen und endete mit der Erschießung von 147 KommunardInnen an der südlichen Mauer des Friedhofs Père Lachaise. Die Pariser Kommune währte nur 72 Tage, beeinflusste die Welt aber nachhaltig und inspiriert bis heute.
Gegen Ende des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 war es den Arbeiter:innen, Handwerker:innen und kleinen Leuten für eine kurze Zeit gelungen, die bürgerliche Staatsmacht in Paris aus den Angeln zu heben und eine sozialistische Gesellschaft zu entwickeln. Vom 18. März bis zum 28. Mai 1871 standen all die Fragen, um die auch heute noch Linke ringen, erstmals konkret auf der Tagesordnung: Demokratie oder Diktatur, Rätesystem oder Parlamentarismus, Sozialismus oder Kapitalismus und Zurückdrängen des Einflusses der Kirche und der Kampf um die Gleichberechtigung der Geschlechter.
Aufbau einer sozialen Republik
Während des Bestehens der Kommune wurde u. a. das Recht auf Arbeit und gleichen Lohn, die Gleichstellung ehelicher und nicht-ehelicher Kinder sowie die Säkularisierung von Bildungs- und Krankenpflegeeinrichtungen verwirklicht. Obwohl die Kommune von einer riesigen Streitmacht, bestehend aus 170.000 Regierungssoldaten, belagert war und angegriffen wurde, konnte sie in extrem kurzer Zeit einige Maßnahmen für den Aufbau einer sozialen Republik ergreifen. Dazu gehörten zum Beispiel der Erlass der Mieten von Oktober 1870 bis April 1871 sowie die Beschlagnahme und Verteilung leer stehender Wohnungen, die Einführung der unentgeltlichen Schulbildung, die Übergabe der von den Besitzern verlassenen Fabriken an Arbeitergenossenschaften und die Festlegung eines fixen Brotpreises.
Die Pariser Kommune legte im Frühjahr 1871 einen Meilenstein auf dem Weg zur Emanzipation der Menschen. Die konservative Regierung antwortete darauf mit der militärischen Belagerung und dem rücksichtslosen Angriff auf die Stadt.
In den Kämpfen und den folgenden Massenexekutionen zwischen dem 21. und 28. Mai 1871 töteten Regierungskräfte etwa 30.000 Menschen inhaftierten weitere 40.000. Die Kommunarden wurden entweder sofort standrechtlich erschossen, von Schnellgerichten abgeurteilt oder in die Kolonien deportiert.
Für Marx waren sie »Himmelsstürmer«
Für Karl Marx, der die KommunardInnen als »Himmelsstürmer« bezeichnete, war die Kommune »die endlich entdeckte politische Form, unter der die ökonomische Befreiung der Arbeit sich vollziehen konnte«. In seiner bereits drei Tage nach der blutigen Niederschlagung der Kommune erschienenen Schrift »Der Bürgerkrieg in Frankreich« verteidigte er die Kommune und zog weitreichende Lehren für die künftige Strategie der Arbeiterbewegung. »Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann.«
Eingekreist und auf sich alleine gestellt war ihr Scheitern vorprogrammiert. Dennoch schuf sie etwas Neues und Bleibendes: eine Rätedemokratie als revolutionäres politisches Instrument und praktische Alternative zum Staatsapparat. Auf der Suche nach Wegen zu einer solidarischen und sozialistischen Gesellschaft ist die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der Pariser KommunardInnen daher weiter aktuell.