52 Jahre nach dem Olympia-Attentat von München 1972
Heute vor 52 Jahren, am frühen Morgen des 5. September 1972, überfallen Terroristen der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September das Wohnquartier des israelischen Teams bei den 20. Olympischen Sommerspielen in München. Dabei töten sie zwei Mitglieder der israelischen Mannschaft und nehmen weitere neun als Geiseln. Ihr Ziel: Über 200 in Israel inhaftierte Palästinenser freizupressen. Nach ergebnislosen Verhandlungen und einem missglückten Befreiungsversuch durch die deutsche Polizei endet die Geiselnahme in der darauffolgenden Nacht zum 6. September in einer Tragödie, bei der alle neun israelischen Geiseln, ein Polizist sowie fünf der acht Geiselnehmer getötet werden.
Es gibt mehrere Gründe, weshalb es aus geschichtspolitischer Perspektive wichtig ist, heute daran zu erinnern. Zum einen wegen des beschämenden Verhaltens der Bundesrepublik, die ihre Verantwortung für den mangelhaften Schutz der Sportler und die dilettantische Befreiungsaktion erst 50 Jahre nach dem Attentat anerkannte. Vorangegangen war ein durch und durch unwürdiger, jahrzehntelanger Streit mit den Hinterbliebenen des Attentats, die zurecht auf eine angemessene Entschädigung beharrten.
Ebenso müssen die Verstrickungen des anderen deutschen Staates, der DDR, genannt werden. Diese pflegte ein enges Verhältnis zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) – und in diesem Rahmen auch ganz unmittelbar mit dem Drahtzieher des Olympia-Attentats. Dieser lebte danach über Jahre unbehelligt in Ost-Berlin, geschützt durch die Staatssicherheit. Dieses Kapitel deutscher Geschichte, die Haltung des Staatssozialismus zu Nahost, die Schuldabwehr und der Umgang mit Antisemitismus in der DDR, bedarf noch immer weiterer Aufarbeitung.
Als unwürdig lässt sich auch das Verhalten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bezeichnen. So ließ der damalige IOC-Präsident Avery Brundage die Olympischen Spiele nach nur einem Tag Unterbrechung mit dem Satz „The games must go on!“ fortführen. Zudem verhinderte das IOC über Jahrzehnte ein offizielles Gedenken an die israelischen Opfer des Attentats von 1972. Ihre Begründung: Es könnte andere Mitglieder der olympischen Gemeinschaft vor den Kopf stoßen. Das änderte sich erst mit den Spielen von Tokio im Jahr 2021, als im Stadion eine Schweigeminute „für die Toten der Corona-Pandemie und im Lauf der olympischen Geschichte“ abgehalten wurde. Besser spät als nie.
Was den Einfluss des Olympia-Attentats auf die deutsche Innenpolitik angeht, so wissen sicher einige von euch, dass danach die erste Spezialeinheit in Deutschland gegründet wurde, die Grenzschutzgruppe 9 der Bundespolizei. Weniger bekannt ist, dass dem Attentat eine nie dagewesene Ausweisungswelle in Deutschland lebender Araber:innen folgte. Darunter ein Ägypter aus München, der während der Geiselnahme seine Hilfe angeboten und sich bei Vertretern arabischer Länder für die Freilassung der Geiseln eingesetzt hatte. Traurigerweise muss man hier feststellen, dass sich solcherlei politischer Aktionismus, bei dem man Menschen aufgrund ihrer Herkunft unter Generalverdacht stellt, bis heute großer Beliebtheit erfreut.
Eine weitere historische Kontinuität ist die tatkräftige Unterstützung der palästinensischen Terroristen durch deutsche Neonazis. Sie halfen im Vorfeld bei der Beschaffung von Waffen oder beim Fälschen von Pässen und anderen Dokumenten. Ein Rechtsextremist behauptet in einem später veröffentlichten Buch sogar, den Drahtzieher des Anschlags quer durch Deutschland chauffiert zu haben. Nur von seinen mörderischen Plänen will er nichts gewusst haben. Es bleibt wohl immer die gleiche alte Leier. Wie man es aber dreht und wendet: Ideologisch sind sie vereint im Antisemitismus.
Schlussendlich muss man eines festhalten: Egal, mit welch hehrem Ziel sie hausieren gehen – Entführer und Mörder bleiben Entführer und Mörder. Es gibt keinen Grund, in derlei abscheulichen Taten so etwas wie einen legitimen Freiheitskampf zu sehen. Schon gar nicht für Linke. Das gilt damals wie heute.
Wir Gedenken der Opfer des Olympia-Attentats von 1972.