Keine weitere Kommerzialisierung von Geodaten
Rede zu Protokoll - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die geodätischen Referenzsysteme, -netze und geotopographischen Referenzdaten des Bundes »Bundesgeoreferenzdatengesetz - BGeoRG« (Drucksache 17/7375)
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
der uns heute zur Beratung vorliegende Gesetzentwurf soll die Verfügbarkeit und den Austausch der beim Bund erhobenen, verarbeiteten und genutzten Geodaten durch Anwendung einheitlicher Standards verbessern. Gleichzeitig soll damit das Bundesamt für Karthographie und Geodäsie zum zentralen Dienstleister in Sachen Bereitstellung solcher Daten gemacht und dem Bundesamt, als selbständiger Bundesoberbehörde, die gesetzliche Grundlage gegeben werden.
Die Betonung auf »beim Bund« verarbeitete und genutzte Daten ist der Versuch einer Antwort der Bundesregierung auf die Kritik, die der Bundesrat und seine Ausschüsse, an dem Gesetzentwurf geäußert haben. Offenbar mit heißer Nadel und halbherzig wurde versucht, durch Änderungsanträge der Kritik aus den Ländern wenigstens formal die Grundlage zu entziehen und die gröbsten Bedenken verfassungsrechtlicher, fachlicher und finanzieller Art auszuräumen. Dies ist Ihnen jedoch nicht wirklich gelungen.
Der zentrale Vorwurf der Länder, dass dieses Gesetz die Gefahr berge, Parallelstrukturen zu schaffen und die bisher im Großen und Ganzen fachlich und finanziell bewährten funktionierenden Strukturen zuungunsten der Länder aufzulösen, wurde von der Bundesregierung nicht überzeugend widerlegt.
Die Befürchtung der Länder, angesichts des wachsenden Marktes für Geodaten aller Art und des Ausbaus des Bundesamtes für Karthographie und Geodäsie sehr schnell ins Hintertreffen zu geraten, ist nur zu sehr verständlich. Da mag der Gesetzentwurf noch so sehr betonen, dass der Bund ja nur im Rahmen seiner bisher schon geltenden Nutzungsrechte die Länderdaten verwenden werde. Es ist doch so: Die Länder liefern, wie andere Behörden des Bundes auch, Daten an. Der Bund erwirbt daraufhin die Nutzungsrechte an den Länderdaten und »harmonisiert« sie erst dann, wie es in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates heißt. Dafür, so vermutet unseres Erachtens die Länderkammer zu Recht, reicht der Rahmen der bisherigen Nutzungsvereinbarungen und ihrer finanziellen Regelungen jedoch nicht mehr aus.
Alle weiteren Geschäfte werden vom Bund gemacht, der sich ja auch ausdrücklich auf den Druck kommerzieller Fachanwender beruft, um die neuen Aufgaben zu begründen. Die Sorge ist kaum von der Hand zu weisen, dass die Konkurrenz zwischen Standards, die der Bund jetzt entwickelt und denen, die bisher zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder (AdV) und dem Bund gegolten haben, bewusst angestrebt wird. Das Ziel dabei ist, durch die vorgeschlagenen Regelungen dieses Gesetzes Druck auf die Länder auszuüben. Durch diese Strategie der vollendeten Tatsachen, sollen die Länder veranlasst werden, die neuen vom Bund geforderten Standards vorweg zu übernehmen. Und das, obwohl die bisherigen Standards nach Ansicht der Länder funktionieren.
Weil die Frage des Geodatenzugangsgesetzes schon im Interesse der Bundesregierung gelöst ist, glaubt sie wohl auf die enge Zusammenarbeit mit den Ländern im vorliegenden Fall verzichten zu können. Logischerweise sieht das im Gesetz selbst formulierte »Benehmen« mit den Ländern, das dieser Harmonisierung vorausgehen soll, ja auch nur die schwächste Form der Kooperation zwischen Bund und Ländern vor. Eine vertrauensvolle und problemorientierte Kooperation zwischen Bund und Ländern sieht nach Auffassung meiner Fraktion jedenfalls anders aus.
Zwei Anmerkungen zum Schluss:
Erstens bedeutet das vorliegende Gesetz einen weiteren großen Schritt zur Kommerzialisierung aller Geodaten. Diese Entwicklung entspricht keineswegs den Grundsätzen von Open Data und Open Government.
Zweitens hätten, angesichts der ja umfassend geplanten Nutzung der Daten auch für Zivil- und Katastrophenschutz, datenschutzrechtliche Grundsätze aufgenommen werden können. Selbstverständlich ist mir bewusst, dass das eigentliche Problem hinsichtlich des Datenschutzes das Geodatenzugangsgesetz und die ihr zugrundliegende EU-Inspire-Richtlinie ist. Aber: auf letztere bezieht sich die Bundesregierung ja ausdrücklich in den ersten Sätzen der allgemeinen Begründung des Gesetzentwurfs.
Das BMI hat, warum auch immer, im Gesetzentwurf auf die Formulierung datenschutzrechtlicher Rahmenbestimmungen verzichtet. Einige klarstellende Sätze und Bezüge zu den, grundsätzlich mit der ausufernden Kommerzialisierung der Geodaten verbundenen, Datenschutzfragen, der Personenbeziehbarkeit bestimmter Geodaten also - hätten diesem Gesetzentwurf aus meiner Sicht gutgetan. Stattdessen werden auch hier in der Praxis wieder unendliche Umwege über die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes notwendig werden. Aber das sind wir von Gesetzentwürfen der Bundesregierung ja auch nicht anders gewohnt.
Aus all diesen Gründen ist der Fraktion die LINKE eine Zustimmung zu diesem Entwurf nicht möglich. Wir werden deshalb mit Enthaltung stimmen.