Stehplätze sind vor Innenminister Friedrich sicher
Seit Monaten lassen Medienberichte und Stellungnahmen der Innenminister des Bundes und der Länder den Eindruck entstehen, die Gewalt in und im die Stadien habe zugenommen. Der Druck der Innenminister auf die Fußballverbände, das mit Fanorganisationen nicht abgestimmte Sicherheitspaket am 12.12.2012 durchzuboxen, wird von Fans und Vereinsvertretern als kontraproduktiv bewertet. Zudem stellen Vereine wie der 1. FC Union Berlin und der FC St. Pauli die Grundlage für die Annahme, es gäbe eine höhere Gewaltbereitschaft unter Fußballfans, in Frage. Von den Innenministern wird zur Begründung gerne auf die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) verwiesen, die unter anderem Verletztenzahlen oder eingeleitete Strafverfahren im Rahmen von Fußballspielen statistisch erfasst. Wie diese Personen aber verletzt wurden, wird nicht erfasst, eine Steigerung der Verletztenzahlen kann genauso auf Fangewalt zurückzuführen sein, wie auf einen erhöhten Einsatz von Pfefferspray durch Polizeibeamte. SPIEGEL-ONLINE hat hierzu kürzlich einen so lesenswerten wie erhellenden Fragenkatalog an die ZIS gestellt.
Jan Korte und die Linksfraktion hatten ähnliche Fragen an die Bundesregierung gestellt, die sich vier Wochen lang damit beschäftigte. Die wesentliche Punkte in der nun eingetroffenen Antwort sind folgende:
Zum einen beruft sich die Bundesregierung bei der Beurteilung der Entwicklung von Gewalt tatsächlich nur auf die ZIS-Zahlen. Dem Innenminister ist also nicht bekannt, wer zu welchen Anteilen zum Anstieg der Verletztenzahlen verantwortlich ist. Er weiß auch nicht, bei wie vielen Personen, gegen die Strafverfahren eingeleitet wurden, gerichtlich die Schuld festgestellt wurde. »Wer – wie der Bundesinnenminister – regelmäßig vor apokalyptischen Gewaltausbrüchen beim Fußball warnt, sollte zumindest Daten vorlegen, die das belegen. Eine ernsthafte Diskussion über die Entwicklung von Gewalt in und außerhalb der Stadien kann man auf Basis einer so dünnen Faktenlage nicht führen», kommentiert Jan Korte die Antwort der Bundesregierung. Die Bundesregierung hingegen setzt noch einen drauf: Auf die Frage 10, ob es die Bundesregierung für verzichtbar hält, die Täterschaften bei Verletzungen zu kennen, antwortet sie, die »erfassten und analysierten Kennzahlen» seien eine »geeignete Grundlage zur Beurteilung der Sicherheit im Rahmen von Fußballspielen».
Zum anderen haben Jan Korte und die Linksfraktion nach der Rechtsgrundlage für Stehplatzverbote gefragt. Der Bundesregierung fällt hier lediglich das Bauordnungsrecht der Länder ein. Im Bauordnungsrecht gibt es aber einen Bestandsschutz, der nur bei Umbauten ungültig wird, oder aber bei erheblicher Gefahr für Leib und Leben. Letzteres müsste für in jedem Bundesland, für jedes Objekt anhand einer konkreten Gefahrenanalyse festgestellt werden. Mit anderen Worten: Ein bundesweites Verbot von Stehplätzen, wie es Bundesinnenminister Friedrich angedroht hat, sollte in den Stadien nicht »Ruhe und Ordnung» einkehren, ist auf diesem Wege nahezu unmöglich. Jan Korte bezeichnet diese Drohung deshalb auch als Luftnummer: »Was geschieht, wenn die Innenminister für Ruhe sorgen, hat man an der Fanaktion 12:12 bei den letzten Bundesligaspielen ja gesehen. Die Verbände sind gut beraten, sich von dieser Truppe von Scheinriesen nicht beeindrucken zu lassen und stattdessen einen Dialog mit den Fans zu führen.» Das Ziel müsse ein nachhaltiger, respektvoller Umgang aller Seiten miteinander sein.
"Stehplätze sind vor Innenminister Friedrich sicher" linksfraktion.de