LINKE fordert Kehrtwende im Umgang mit den Verbrechen der Colonia Dignidad
„Es ist sehr enttäuschend, dass der Bundespräsident in Chile leider nicht die Kraft gefunden hat, die entscheidende Mitverantwortung der Bundesrepublik für die Verbrechen der Colonia Dignidad klar zu benennen. Da hatte ich mir persönlich, aber auch die vielen Opfer und ihre Angehörigen, sehr viel mehr erwartet. Dass auf dem Empfang des Bundespräsidenten Opfer und Täter der Colonia Dignidad gemeinsam feiern sollten, macht hingegen ratlos. Bundesregierung und Bundespräsidialamt müssen schnellstens aufklären, wie es zur Einladung von Reinhard Zeitner, einem verurteilten Mittäter und berüchtigten Schläger der Schäfer-Truppe kommen konnte - und die Einladungspolitik der Botschaft überprüfen. Auch sollte die Botschaft dies zum Anlass nehmen, sich endlich intensiv mit der Aufarbeitung der eigenen Verstrickungen in dieses dunkle Kapitel deutscher Außenpolitik zu beschäftigen“, erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der Einladung eines Mittäters der früheren Sektensiedlung Colonia Dignidad zum gestrigen Botschaftsempfang für Bundespräsident Joachim Gauck in Chile. Korte weiter:
„Der Verdacht liegt nahe, dass der Vorfall eine logische Folge des niemals erfolgten konsequenten Bruchs mit der Colonia Dignidad und ihrer Nachfolgeorganisation Villa Baviera ist. Auch nach der Verhaftung von Sektenchef Paul Schäfer im Jahr 2005, und den anschließenden Prozessen und Verurteilungen gegen eine Reihe von Tätern aus der Führung der Colonia Dignidad wurde niemals ernsthaft an eine Auflösung und Abwicklung der Sekte gedacht. Stattdessen gab die Bundesregierung von 2008 bis 2013 über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) etwa eine Million Euro für wirtschaftliche Hilfe mit dem Ziel der 'Integration der Villa Baviera in die chilenische Gesellschaft' aus. Durch dieses Hilfsprogramm wurde nicht nur die kriminelle Vergangenheit des Ortes und die vielen Siedler, die die Siedlung verlassen hatten, ignoriert, sondern auch der Grundstein für die anhaltende Gleichbehandlung von Tätern und Opfern gelegt. Mit diesem Umgang muss Schluss gemacht werden. Die Regierung ist ferner aufgefordert, endlich umfassende Entschädigungs- und Hilfsmaßnahmen für die chilenischen und deutschen Opfer der Colonia Dignidad zu leisten und die Einrichtung einer Gedenkstätte auf dem Siedlungsgelände sowie weitere erinnerungspolitische Maßnahmen zu unterstützen.“