"Der Spion in der Hosentasche: Weiterhin viel Überwachung von Mobiltelefonen durch Bundesbehörden"
Berichte über die zunehmende Überwachung und Analyse digitaler Verkehre untergraben das Vertrauen in die Freiheit des Internet und der Telekommunikation. Seit einigen Jahren fragen deshalb Jan Korte und Andrej Hunko halbjährlich ab, wie sich der Einsatz einiger zentraler digitaler Überwachungsmethoden bei den deutschen Sicherheitsbehörden entwickelt. Wie sonst auch wurden in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Einsätze von so genannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern, Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im ersten Halbjahr 2017“ (Drucksache 18/13036) weite Teile der Antwort als "VS-vertraulich" bzw. als "VS-geheim" eingestuft. Um das gestörte Vertrauen in das Fernmeldegeheimnis wieder herzustellen fordert DIE LINKE die regelmäßige Veröffentlichung entsprechender Informationen.
Die aktuelle Antwort zeigt, dass das was technisch möglich ist, auch ausufernd von den Sicherheitsbehörden eingesetzt wird. Die als ‚Geheim‘ eingestuften Antworten belegen jedoch erneut, dass die digitale Spitzelei kaum kontrollierbar ist. Es steht zu befürchten, dass sich die Zahlen für das laufende Halbjahr aufgrund der diversen kürzlich beschlossenen Überwachungsgesetze weiter erhöhen werden. Schon jetzt zeichnet sich eine drastische Zunahme von automatisierten Bildabgleichen ab, die nach der kürzlich erfolgten Befugnis zum Aufbau unkontrollierbarer Bilddatenbanken bei den Geheimdiensten ins bodenlose wachsen könnte. Dass sich das Bundesinnenministerium sich wie so oft in Aussageverweigerung übt ist höchst problematisch. Weder macht es Angaben über die Gründe der drastischen Zunahme von Funkzellenauswertungen, noch teilt es die entsprechenden Zahlen für den Einsatz von Staatstrojanern mit. Dass jegliche Information über missglückte oder bemerkte staatliche Versuche sich Zugriff auf die täglich millionenfach genutzten Messengerdienste wie WhatsApp, Telegram oder Signal zu verschaffen, verweigert wird, ist skandalös. Wenn selbst die reine Zahl zum Staatsgeheimnis erklärt wird, wird jegliche Kontrolle zur Farce. Parlament und Öffentlichkeit werden so über das Ausmaß der Überwachung im Unklaren gelassen, Betroffene können nicht klagen, da sie von der elektronischen Spitzelei nichts erfahren. Dies ist nicht hinnehmbar. Als erster Schritt muss deshalb sofort eine Benachrichtigungspflicht der Ausgeforschten eingeführt werden. Und das Bundesinnenministerium muss verpflichtet werden die Zahlen aller Sicherheitsbehörden öffentlich zu machen.
Die nächste Bundesregierung muss eine Kehrtwende in der Innen- und Sicherheitspolitik einleiten. Statt immer neuer Überwachungsgesetze brauchen wir endlich eine grundrechtskonforme Sicherheitspolitik, die sich der Stärkung der Freiheits- und Bürgerrechte verpflichtet fühlt.
Über die Antwort berichteten netzpolitik.org und heise online:
"Der Spion in der Hosentasche: Weiterhin viel Überwachung von Mobiltelefonen durch Bundesbehörden" (netzpolitik.org vom 3.8.2017)
"Bundesbehörden setzten digitale Ermittlungsinstrumente intensiver ein" (heise.de vom 3.8.2017)