100 Jahre Novemberrevolution
- Bundesarchiv, Bild 183-18594-0045 / CC BY-SA 3.0 DE, CC BY-SA 3.0 de
Heute vor 100 Jahren erreichte die vom Aufstand der Matrosen in Kiel ausgehende Novemberrevolution Braunschweig und München. Während in Braunschweig der dortige Arbeiter- und Soldatenrat Herzog Ernst-August zur Abdankung bewegt und kurz darauf die „Sozialistische Republik Braunschweig“ proklamiert, wird in München König Ludwig III. abgesetzt und von Kurt Eisner ein „Freier Volksstaat Bayern“ ausgerufen. Eisner wird vom Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat zum Ministerpräsidenten Bayerns gewählt und in Braunschweig übernimmt ein „Rat der Volkskommissare“, dem mit Minna Faßhauer (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)) die erste Ministerin Deutschlands angehörte, die Macht.
Kurz darauf zerbricht die breite Volksbewegung gegen den Krieg auch die anderen 21 Monarchien in Deutschland und in Berlin rufen fast zeitgleich am 9. November 1918 Philipp Scheidemann als Vertreter der Mehrheitssozialdemokratie die "deutsche Republik" bzw. Karl Liebknecht als Vertreter des in der USPD organisierten Spartakusbundes die "freie sozialistische Republik Deutschland" aus.
Die Novemberrevolution war ohne Zweifel ein einschneidendes Ereignis für die deutsche Geschichte. Die Ergebnisse der Revolution waren nicht nur der Frieden, der Sturz der Monarchie und die Proklamation der Republik, sondern auch die Einführung des allgemeinen Wahlrechts einschließlich des Frauenwahlrechtes und der Abschaffung des 3-Klassen-Wahlrechtes für den preußischen Landtag, die Anerkennung der Gewerkschaften und das Verbot „gelber Gewerkschaften“, der 8-Stunden-Tag und das Tarifvertragsgesetz. Das Sozialisierungsgesetz von 1919 sowie das Betriebsrätegesetz von 1920 erfüllten zwar beide nicht annähernd die Forderungen der Revolutionäre, bedeuteten dennoch einen gesellschaftlichen Fortschritt.
Der kurze Blick auf diese Errungenschaften der Novemberevolution macht eines besonders deutlich: Zentrale Bestandteile der Demokratie (wie z. B. das allgemeine Wahlrecht), die heute vielleicht vielen als selbstverständlich erscheinen, wurden keineswegs „im Selbstlauf“ – quasi als Geschenk „von oben“ oder aufgrund der Einsicht der Herrschenden – verwirklicht, sondern es bedurfte des revolutionären Drucks von unten!
Bis heute tobt innerhalb der Linken der Streit, ob mehr als eine bürgerliche Republik möglich gewesen wäre, welche Rolle die Parteien, die Rätebewegung, revolutionäre Obleute u.a. gespielt haben und welche Lehren aus all dem zu ziehen sind.
Die Novemberrevolution bestätigte jedenfalls das Wort Saint-Justs aus der Französischen Revolution: „Wer eine Revolution nur halb macht, schaufelt sich sein eigenes Grab.“
Die Kapitalisten, die Deutschland bereits in den Ersten Weltkrieg getrieben hatten, behielten ihre Macht. Staatsapparat, Justiz und Militär wurden nicht umfassend demokratisiert. Die Entfernung von monarchistischen Gegnern der Republik aus einflussreichen Positionen unterblieb. Im Bündnis mit den Nationalsozialisten konnten diese „Eliten“ so 1933 die Republik beseitigen, die gespaltene Arbeiterbewegung zerschlagen und einen weiteren Weltkrieg für ihre Profite und Großmachtphantasien führen.
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat anlässlich des 100. Jahrestages der Novemberrevolution ein umfangreiches Dossier angelegt: