Elektronische Verwaltung: Gute Idee, inakzeptable Umsetzung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Kollege Reichenbach, lieber Kollege Höferlin, wir können uns vielleicht darauf verständigen, dass wir alle sehr froh sind, dass wir heute hier noch reden und den Abend zusammen verbringen. Was sollten wir auch sonst in einer Sitzungswoche machen? Deswegen ist es erst einmal gut, dass wir alle zusammen sind.
In der Tat ‑ das sieht auch DIE LINKE so ‑ bietet die elektronische Verwaltung große Chancen, gemeinwohlorientierte öffentliche Dienste zu stärken und voranzubringen. Das ist völlig unbestritten. E-Government bietet logischerweise ‑ auch das ist anzuerkennen ‑ enorme Chancen für mehr Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Es könnte, wenn es gut läuft, einen weiteren Vorteil haben: Die Nervereien bei Problemen, die der eine oder andere mit Behörden hat ‑ das soll ja vorkommen ‑ könnten auf beiden Seiten verringert werden. Auch das ist erst einmal richtig. Deswegen ist die Grundidee Ihres Gesetzentwurfs gar nicht schlecht. Das Problem ist nur, dass die Idee zwar nicht schlecht ist, aber die Umsetzung wieder einmal nicht hinhaut und leider inakzeptabel ist.
Ich möchte an drei Punkten aufzeigen, warum DIE LINKE das so sieht. Zum Ersten soll in Zukunft das De-Mail-Verfahren als wesentliche Grundlage für die Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung dienen. Der Chaos Computer Club und seine exzellenten Sachverständigen haben nun deutlich gemacht ‑ denen sollte man glauben angesichts dessen, was der CCC uns in der Vergangenheit vor Augen geführt hat ‑ dass das De-Mail-Verfahren genauso unsicher ist wie eine herkömmliche E-Mail.
[Manuel Höferlin (FDP): Totaler Unfug!]
Das ist natürlich bei solch hochsensiblen Daten, die zwischen Bürgern und Verwaltung ausgetauscht werden, nicht zu akzeptieren. Deswegen ist dieses Verfahren abzulehnen, denn es ist nicht sicher.
Zum Zweiten: Wer den Server, so der CCC, eines der wenigen De-Mail-Anbieter kontrolliert, hat logischerweise auch den totalen Zugriff auf die komplette Kommunikation. Das ist ein Problem, weil wir dort eine Zentralisierung bei diesen Diensten haben. Darin liegt eine enorme Gefahr. Ich will mir gar nicht ausmalen, welche Lust auf diese Daten bei Geheimdiensten und Ermittlungsbehörden geschürt wird.
[Zuruf von der CDU/CSU: Nachrichtendienste heißt das!]
Deswegen sollte man diese Lust gar nicht erst wecken. Auch das ist ein Grund, warum der heutige Gesetzentwurf nicht zu akzeptieren ist.
[Beifall bei der LINKEN]
Zum Dritten: Heute ist es so ‑ das hat eine Umfrage, die ich eben in der Welt gelesen habe, ergeben ‑ dass 30 Prozent der Deutschen ihre Behördenangelegenheiten online erledigen. In Indien ‑ nur zum Vergleich ‑ sind es übrigens weit über 60 Prozent. Das heißt, hier wird ein Gesetz verabschiedet, um ein Verfahren zu unterstützen, das de facto bei der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung gar keine Akzeptanz hat. Es ist eine Luftnummer, wenn die Bürgerinnen und Bürger das nicht im großen Umfang nutzen wollen.
[Clemens Binninger (CDU/CSU): Weil es heute noch gar nicht geht!]
DIE LINKE ist in der Tat für E-Government-Projekte, die nicht ‑ das ist ganz entscheidend, und das ist der Unterschied zu Ihnen ‑ vor allem das Profitinteresse einiger weniger in der IT-Branche zum Ziel haben. Das ist nämlich Ihr eigentliches Ziel: ganz wenigen Anbietern in der IT-Branche ordentliche Profite zu organisieren.
[Manuel Höferlin (FDP): Sie gönnen den Bürgern auch gar nichts, Herr Korte!]
Das sehen wir nicht ein. Sinnvoll wäre vielmehr ein Gesetzentwurf, der die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger stärken würde.
Der Gesetzentwurf, den Sie heute vorgelegt haben, erinnert an ELENA, an den elektronischen Personalausweis und an andere Projekte, die Sie grandios versenkt haben. Sie alle haben nicht funktioniert und sind auf ganzer Linie gescheitert. Jetzt kommt mit Ihrem Gesetzentwurf das nächste Projekt hinzu. Deswegen: Lassen Sie das Ganze besser!
[Manuel Höferlin (FDP): Machen wir nicht! Wir hören nicht auf Sie in dem Fall!]
DIE LINKE wird Ihrem Gesetzentwurf heute selbstverständlich nicht zustimmen und bedauert es, dass wir in diesem Bereich keinen Schritt vorwärtsgekommen sind.
Vielen Dank.
[Beifall bei der LINKEN]