Jan Korte, MdB (DIE LINKE) (www.jan-korte.de)

forum demokratischer sozialismus zur Antisemitismus-Debatte innerhalb der Linken

21.06.2011

Erklärung des forum demokratischer sozialismus zur Antisemitismus-Debatte innerhalb der LINKEN - Beschluss des fds-Bundestreffens am 19. Juni 2011 in Lichtenfels/Franken

1. Das fds sieht es aus Verantwortung vor der deutschen Geschichte als eine vordringliche Aufgabe der Linken an, Leben, Existenz und Fortentwicklung des jüdischen Volkes zu schützen. Die Gründung und das Bestehen eines eigenen Staates ist ein wichtiger Bestandteil dieses Schutzes und wird von uns uneingeschränkt anerkannt und verteidigt.

2. Das fds versteht sich als Teil einer libertär-sozialistischen Strömung, die zum Ziel hat, die nationalstaatliche Organisation der Gesellschaften zu überwinden. Dies findet jedoch dort seine Grenzen, wo Nationalstaaten dem Schutz von Teilgesellschaften dienen. Dies trifft in besonderer Weise auf den Konflikt zwischen Juden und Palästinensern zu. Die Forderung nach bzw. Orientierung auf einen gemeinsamen Staat von Juden und Palästinensern, die Einstaatenlösung, setzt die Auflösung des Staates Israel voraus, und damit die Zerstörung des geschichtlich bisher einzigen Schutzes für die Existenz des jüdischen Volkes. Das fds ist nicht bereit, die Existenz Israels als eine nur vorübergehende anzusehen.

3. Das fds unterstützt uneingeschränkt das Recht des palästinensischen Volkes auf Gründung eines eigenen Staates, orientiert an den Grenzen von 1967. Das fds ist nicht bereit, dieses Recht von der Zustimmung Israels abhängig zu machen. Das fds unterstützt deshalb die Forderung der palästinensischen Seite nach einer vollständigen Räumung der 1967 besetzten Gebiete durch Israel bzw. einem einvernehmlichen Landtausch. Die UNO hat mit dem Teilungsplan von 1947 sowohl das Selbstbestimmungsrecht der Juden wie auch der Palästinenser, verbunden mit dem Recht auf einen eigenen Staat anerkannt.

4. In einem Konflikt mit einem starken und einem schwachen Kontrahenten sieht die Linke naturgemäß ihren Platz an der Seite der Schwachen. Dies ist der eigentliche Grund, nicht der Antisemitismus, der einen großen Teil der Linken zu einseitigen Unterstützern der Sache der Palästinenser macht. Ausgeblendet wird dabei jedoch häufig, dass Israel und das jüdische Volk trotz seiner (scheinbaren) Stärke nach wie vor eines besonderen Schutzes bedürfen. Bis heute haben mit Ägypten und Jordanien nur zwei der arabischen Nachbarstaaten einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen. Wir warnen davor, zu glauben bzw. glauben zu machen, dass die Existenz des israelischen Volkes, jüdischen Lebens ohne den Staat Israel gesichert wäre. Hiergegen sprechen alle geschichtlichen Erfahrungen, denn neben dem deutschen und europäischen Antisemitismus gibt es diesen ebenso ausgeprägt unter den arabischen Völkern. Wer aber die Zerstörung des Staates Israel in Kauf nimmt oder betreibt, um der palästinensischen Sache zum Recht zu verhelfen, muss wissen, dass das Ergebnis geschichtlich in einer Reihe mit Judenverfolgungen und Pogromen stehen wird.

5. Dieser Konflikt hat aber ebenso die Seite einer staatlichen Macht Israel, die palästinensisches Leben in den 1967 militärisch eroberten Gebieten gar nicht oder nur eingeschränkt zulässt und zulassen will. Israel produziert tagtäglich die Gegner, vor denen dann die jüdische Bevölkerung geschützt werden muss. Dieser Logik schließen wir uns als Linke nicht an.

6. Die gegenwärtige Auseinandersetzung innerhalb der Partei DIE LINKE wird von den Teilen der Partei geführt als Parteinahme pro oder contra Israel bzw. Palästina. Nicht von ungefähr spitzt sich dieses Auseinandersetzung in einer Zeit zu, da der Nahen Osten bzw. der arabischen Raum von gewaltige Umwälzungen verändert wird, in der die jahrzehntelangen Gewissheiten brüchig werden und da die Ausrufung einer palästinensischen Staates unmittelbar bevorsteht. Dies verführt auch innerhalb der Linke viele dazu, jetzt die Fronten noch einmal zu verhärten und in der Konfrontation und nicht im Kompromiss die Lösung zu suchen.

7. Das fds sieht seine Aufgabe darin, innerhalb der LINKEN dafür zu werben, dass nur eine Einigung zwischen dem Staat Israel und einem zukünftigen Staat Palästina eine friedliche Entwicklung im Nahen Osten einleiten kann und dass jede Form einer einseitigen Auflösung dieses Konflikts keinem der beiden Kontrahenten Frieden bringen wird. In diesem Konflikt darf die Linke entgegen ihrem Naturell nicht einseitig agieren, sondern als Kraft eines fairen und damit lebensfähigen Kompromisses. Diese Haltung, nicht auf Sieg bzw. Niederlage zu setzen, gilt es in der LINKEN zu erarbeiten, um sie zu befähigen, konstruktiv zur Lösung dieses und ähnlicher Konflikte beizutragen.

8. In der Auseinandersetzung zwischen Israel und Palästina stellen sich nachweislich die offen antisemitisch agierenden Kräfte auf die Seite Palästinas. Dieses verpflichtet die Linke in besonderer Weise, auf Bündnispartner in der Kritik am staatlichen Handeln in Israel zu achten. Hierzu stellen wir fest: Man ist kein Antisemit, wenn man einer Aktion gegen die Blockade des Gazastreifens teilnimmt, aber die gemeinsame Aktion mit Rechtsextremen und Antisemiten untergräbt die politisch-moralische Integrität der LINKEN. Man ist auch nicht zwangsläufig ein Antisemit, wenn man dazu aufruft, den Verkauf von israelischen Waren, die in den unrechtmäßig besetzten Gebieten produziert wurden, zu boykottieren. Man macht sich damit aber in Deutschland gemein mit den Kräften, die den vorhandenen Antisemitismus anfachen und aufleben lassen, weshalb wir diese Aktionsform für nicht nur ungeeignet halten, sondern es für gerechtfertigt halten, sie in unseren Reihen zu tabuisieren.

9. Die Unterstützung des Israel-Boykotts verbietet sich nicht nur aus speziell deutscher Sicht. Die Boykottkampagne »Boykott, Desinvestition und Sanktionen für Palästina (BDS)« möchte sich gern und völlig zu Unrecht in die Tradition der internationalen Kampagne gegen die Apartheid in Südafrika stellen. Sie ist in ihrem Wesen aber kollektiv gegen jüdische Israelis gerichtet und das ist ihr antisemitischer Inhalt. Es geht dabei um viel mehr, als um Waren unter israelischem Label aus den besetzten Gebieten. Die BDS-Kampagne zielt auf alle Lebensbereiche und bedrängt internationale Künstler keine Konzerte in Israel zu geben oder beispielsweise europäische Veranstalter keine israelischen Wissenschaftler und Künstler zu Veranstaltungen, Kongresse und Festivals einzuladen. Eine solche kollektive Bestrafung jüdischer Israelis kann kein Beitrag für die Lösung des Nahostkonflikts sein.

10. Gleichzeitig gebietet uns jedoch die Achtung vor der universellen Geltung der Menschenrechte, die staatliche Politik Israels gegen die palästinensische Bevölkerung zu kritisieren und nach Mitteln und Wegen zu suchen, den Menschen palästinensischer und arabischer Herkunft zu ihren Rechten zu verhelfen.

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