BND schließt umstrittene Befragungsstelle
Die Hauptstelle für Befragungswesen (HBW) ist eine Dienststelle des Bundesnachrichtendienstes (BND) und untersteht direkt dem Bundeskanzleramt. Bis vor kurzem arbeitete die HBW verdeckt und ihre Zugehörigkeit zum BND wurde von Seiten der Bundesregierung stets geleugnet bzw. nicht bestätigt. Über die Struktur der HBW machte die Bundesregierung auch bei Anfragen im Parlament keine genauen Angaben. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befragen offen und verdeckt Flüchtlinge in Deutschland, die politisches Asyl beantragen.
Auf eine Anfrage von Jan Korte und der Fraktion DIE LINKE teilte die Bundesregierung nun mit, dass die umstrittene BND-Abteilung am 30. Juni aufgelöst werde. Jan Korte begrüßt die anvisierte Auflösung der HBW, hat aber generellere Kritik: „Die anstehende Abwicklung ist das schmachvolle Ende einer höchst fragwürdigen Geheimdienstpraxis, die ja längst enttarnt war und deren Legende doch keiner mehr ernst genommen hat. Da die dortigen BND-Mitarbeiter ja angeblich schon jetzt keine Befragungen mehr durchführen, spricht allerdings eigentlich auch nichts gegen eine sofortige Auflösung, im Gegenteil.“ Davon will die Bundesregierung jedoch nichts wissen. Sie kündigte stattdessen an, dass der Geheimdienst, als Ersatz für die damit wegfallenden Informationen von Flüchtlingen in Deutschland, die Befragungen jetzt „direkt in den Krisenregionen im Ausland“ intensivieren werde.
Dass die Befragungen keineswegs nur eine harmlose Informationssammlung ohne konkrete Folgen sind, steht schon lange fest. Seit Ende des Kalten Krieges kamen vor allem Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen in den Fokus der BND-Agenten. So lieferten beispielsweise irakische Asylbewerber zahlreiche entscheidende Hinweise, die zu Bombardierungen von Zielen in Mossul und Bagdad durch amerikanische Kampfflugzeuge während des Irak-Kriegs im Jahr 2003 führten. Nach neuen Enthüllungen erhärtete sich der Verdacht, dass die Befragungserkenntnisse auch zur Handy-Ortung und Zielbestimmung für US-Drohnen-Angriffe genutzt wurden. Zwar erklärte die Regierung nun, dass mit dem Ende der HBW auch der „bisherige integrierte Befragungsverbund“ mit den Geheimdiensten der USA und Großbritanniens beendet werden soll, doch gleichzeitig sei „der allgemeine Erkenntnisaustausch mit ausländischen Nachrichtendiensten“ davon unberührt.
Jan Korte findet den Umgang der Bundesregierung mit dem Informationsaustausch der Geheimdienste unverantwortlich: „Einerseits geht sie davon aus, dass Informationen aus den Befragungen des BND in das allgemeine Lagebild der ausländischen Nachrichtendienste eingeflossen sind und sie kann auch nicht mit Sicherheit ausschließen, dass diese zum gezielten Töten durch Drohnen genutzt werden, andererseits scheint sie das aber leider auch nicht weiter zu interessieren. Unfassbar. Eine wie auch immer geartete Mitwirkung an extralegalen Tötungen ist schließlich kein Kavaliersdelikt. Hier muss dringend Transparenz geschaffen und die bisherige Praxis beendet werden."
Über die Antwort der Bundesregierung berichtet der NDR im Rahmen seiner Reihe "Geheimer Krieg" in einem Artikel:
"BND schließt umstrittene Befragungsstelle" http://www.ndr.de/geheimer_krieg/geheimerkrieg367.html
und einem Audiobeitrag:
"BND beendet umstrittene Befragungspraxis" http://www.ndr.de/info/audio196431.html
Auch ZEIT-Online hat über das Thema berichtet:
"Das Ende der Hauptstelle Horch" http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-03/hauptstelle-befragungswesen-aufloesung-fluechtlinge/komplettansicht