60 Jahre BND sind auch 60 Jahre Skandale
"Geheimdienste und Demokratie, das verträgt sich nicht. Denn in einer Demokratie ist der Staat den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber zu Transparenz verpflichtet und muss Rechenschaft ablegen. Die der Exekutive angegliederten Geheimdienste arbeiten jedoch in erster Linie im Verborgenen und entziehen sich systematisch der öffentlichen Kontrolle. Dies gilt, trotz 2014 verkündeter 'Transparenzoffensive' natürlich auch für den seit nunmehr 60 Jahren im Geheimen operierenden BND. Für die LINKE sind 60 Jahre BND daher Anlass zu kritischer Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart des Geheimdienstes", erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE anlässlich des 60. Jahrestag der Gründung des Bundesnachrichtendienstes am 1. April. Korte weiter:
"Nach dem NSA-Skandal und in der heutigen Situation der millionenfachen Überwachung der Bürgerinnen und Bürger durch in- und ausländische Geheimdienste ist jede Maßnahme demokratisch geboten, die Geheimdiensten Schranken aufweist. Für DIE LINKE ist jedoch klar, dass sich der Grundwiderspruch Geheimdienst versus Transparenz in der Demokratie nicht durch zaghafte Reformen und eine leicht verbesserte parlamentarische Kontrolle auflösen lässt. Es wird mutigere Schritte brauchen, die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen und gleichzeitig deren Sicherheit zu gewährleisten. Für eine an den Bürgerrechten orientierte Politik wird es über kurz oder lang keine Alternative zur Abschaffung der Geheimdienste geben, zumal ihr Nutzen oft fragwürdig ist. So urteilte Bundeskanzler Helmut Kohl über den BND: 'Sein Nutzen war nahezu null. Die wussten überhaupt nichts.'
Die Probleme zeigt auch die lange Liste der öffentlich gewordenen Skandale des BND. Und die begann schon vor seiner eigentlichen Gründung. So konnte z.B. bereits 1950 mit Wissen und Billigung des Kanzleramtes eine Geheimarmee ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS und der Wehrmacht im Umfeld der Organisation Gehlen - des Vorläufers des BND – gegründet werden. Gehlen war es auch, der dafür sorgte, dass jede Menge Nazis, Kriegsverbrecher und zum Teil auch Massenmörder beim BND nicht nur ein- und ausgingen, sondern den Geheimdienst mitprägten. Skrupel waren unbekannt. So fanden u.a. Walter Rauff, der Erfinder des mobilen Vergasungswagens, Alois Brunner, der für die Deportation von 128.000 Menschen in KZs verantwortlich war, und der als 'Schlächter von Lyon' bekannte Massenmörder Klaus Barbie eine Beschäftigung beim BND.
Immerhin in dieses dunkelbraune Kapitel lässt der BND nun seit einigen Jahren etwas Licht. Und die unabhängige Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des BND hat entgegen meinen Annahmen - ich hätte das gar nicht für möglich gehalten - extrem viel Gutes, Neues und Kritisches über die braunen Wurzeln beim BND hervorgebracht. Insbesondere die Zwischenergebnisse zur Frage der historischen Bedeutung der massiven innenpolitischen Präsenz des BND in den Gründungsdekaden der Bundesrepublik sind bemerkenswert. Man wusste zwar schon durch den Guillaume-Untersuchungsausschuss von 1974, dass BND-Chef Gehlen eine umfangreiche Sonderkartei über hunderte Personen der westdeutschen Innenpolitik anfertigen ließ. Welchen Umfang die verfassungswidrige Inlandsaufklärung des BND hatte und welchen Zielen sie diente, blieb der Öffentlichkeit aber bislang weitgehend verborgen. Dies und etliche andere Erkenntnisse sind ein Verdienst der seit 2011 arbeitenden Historikerkommission, dessen Ergebnisse in diesem und dem nächsten Jahr zu Recht mit Spannung erwartet werden. Es wird allerdings darauf ankommen, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen."