Mit jedem? - Ein Vorwort zur Studie "Schwarz-grüne Perspektiven vor den Bundestagswahlen 2017"
Ein Vorwort von Jan Korte zur Studie "Schwarz-grüne Perspektiven vor den Bundestagswahlen 2017" von Studie von Helge Meves und Marian Krüger
In Baden-Württemberg koalieren die Grünen mit der CDU. Mit einer CDU übrigens, die in ihrer Geschichte maßgeblich von Rechtsaußen wie Filbinger geprägt wurde. In Niedersachsen regieren die Grünen mit der SPD. In Sachsen-Anhalt sind sie Teil einer schwarz-rot-grünen Koalition mit CDU und der SPD. In Rheinland-Pfalz sind SPD und FDP (!) Regierungspartner. In Thüringen widerum koalieren die Grünen mit der Linken und der SPD. Fällt etwas auf? Die Grünen koalieren offenbar mit jedem. Da stellt sich die Frage wohin die Reise geht?
So tobt nun auch ein Streit innerhalb der Partei, ob man im Bund ebenfalls voll und ganz auf eine Koalition mit der Union setzen sollte. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass sich diese Linie durchsetzen wird, womit der CDU praktisch eine Regierungsgarantie gegeben würde. Denn mit den Grünen kämpfen bekanntermaßen auch SPD und FDP darum, als Mehrheitsbeschaffer für die Konservativen zu dienen.
Wenn diejenigen Grünen, die voll auf Schwarz-Grün setzen, von einer vermeintlich modernisierten CDU ausgehen, ist das nicht nur inhaltlich falsch. Sondern sie übersehen auch geflissentlich, dass es die CDU nur im Paket mit der CSU gibt. Sie würden Partner einer Partei, deren Anführer Horst Seehofer und Markus Söder heißen und sich einen Wettkampf um die plattesten Parolen mit der AfD leisten. Eine soziale, demokratische und weltoffene Politik ist mit diesen Kräften schlicht unmöglich.
Flankiert werden die schwarz-grünen Pläne davon, dass sich relevante Teile der Grünen von einer solchen Zielsetzung ohnehin verabschieden wollen: Ehemals fortschrittliche Positionen in der Flüchtlingspolitik werden durch die baden-württembergische Realpolitik untergraben. Ohne die Zustimmung des grünen Regierungschefs (!) Kretschmann hätte es weder die Gesetzverschärfungen des Asylpakets I, noch eine Ausweitung von „sicheren Herkunftsstaaten“ gegeben. Und auch das Ziel, den unendlichen Reichtum der Wenigen gerecht via Steuern umzuverteilen, ist mittlerweile umstritten.
Das ist schade – denn gleichwohl gibt es zwischen Linken und Grünen durchaus Schnittmengen, wenn es um Bürgerrechte und Demokratie geht. Die Ablehnung des Überwachungsstaates eint uns durchaus. Die Zusammenarbeit etwa in großen Teilen der Innenpolitik klappt gut. Allerdings ist unklar, wie die Grünen Fragen von Datenschutz und einer Bändigung der Geheimdienste ausgerechnet mit der Union durchsetzen wollen. Die CDU/CSU war und ist die treibende Kraft beim Abbau der Grund- und Freiheitsrechte, meistens flankiert von einer hinterhertrottenden Sozialdemokratie.
Und so, wie bei der Frage der Umverteilung, müssen sich die Grünen auch auf diesem Politikfeld entscheiden: Stillstand, weitere Aufgabe der eigenen Programmatik und Mehrheitsbeschaffer für die Konservativen wie die SPD – oder eine klare Positionierung für eine gerechte und freiheitliche Politik und eine klare Option auf Mitte-Links: Für einen sozialen und demokratischen Aufbruch, der dem Rechtstrend eine wirkliche Alternative entgegensetzt, die Attraktivität gewinnen kann und dieses Land grundlegend sozial modernisiert. Langsam aber sicher kommt auch bei den Grünen der Zeitpunkt wo sie Farbe bekennen müssen.