Trendwende im Umgang mit der Colonia Dignidad nicht in Sicht
Nach Jahrzehnten des Wegschauens und des Leugnens jeglicher Mitverantwortung für die Verbrechen in der deutschen Sekte Colonia Dignidad (CD) in Chile versprach Außenminister Steinmeier am 26.4.2016 im Auswärtigen Amt (AA) eine lückenlose Aufklärung. Alle Bezüge zwischen der CD oder ihrer Nachfolgeorganisation Villa Baviera (VB) und dem AA sowie seiner Vertretung in Santiago de Chile sollten aufgearbeitet werden. Der Botschaftsempfang zu Ehren des Besuchs von Bundespräsident Gauck in Santiago de Chile am 13.7.2016, auf dem auch frühere Täter der CD zu Gast waren, zeigte jedoch wie schwer sich das AA mit einer stringenten Aufarbeitungspolitik tut. Grund genug für Jan Korte und die Fraktion DIE LINKE einmal etwas genauer nachzufragen. Nun liegt die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Beziehungen des Auswärtigen Amts und ihrer Vertretung in Santiago de Chile zur Colonia Dignidad und ihrer Nachfolgeorganisation Villa Baviera“ (18/10799) vor. Sie zeigt, dass die Bundesregierung noch weit von einer tatsächlichen Kehrtwende im Umgang mit den Verbrechen der Colonia Dignidad entfernt ist.
Auch nach der Verhaftung von Sektenchef Paul Schäfer im Jahr 2005 und den anschließenden Prozessen und Verurteilungen gegen eine Reihe von Tätern aus der Führung der Sekte wurde niemals ernsthaft an eine Auflösung und Abwicklung der Sekte gedacht. Stattdessen leistete die Bundesregierung großzügige finanzielle und logistische Hilfe, damit die Colonia Dignidad weiterbestehen konnte. Es ist schon skandalös genug, dass bis heute mit Bundesmitteln durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Firmen unterstützt werden, deren Geschäftsgebaren undurchsichtig ist und auf das kriminelle Vermögen der Colonia Dignidad aufbaut. Völlig inakzeptabel aber ist, dass die Regierung trotz Intransparenz und Blockadehaltung auf Seiten der Nachfolgeorganisation keinerlei Konsequenzen zieht. Es ist schwer vorstellbar, dass die GIZ andernorts so großzügig Unternehmen unterstützt, die keine Zahlen vorlegen.
Dass aus eben diesen Firmengeldern auch die Täteranwälte finanziert wurden und werden interessiert die Bundesregierung dabei offensichtlich keinen Deut. Mit diesem Umgang muss Schluss gemacht werden. Deutschland muss endlich glaubwürdig Verantwortung übernehmen. Dazu gehört endlich allen Opfern die Anerkennung und Unterstützung zukommen lassen, die ihnen zustehen. Dies könnte durch eine bilaterale Expertenkommission, die die Bedürfnisse und Forderungen der verschiedenen Opfergruppen bündelt, geschehen. Neben einer sozialen und medizinischen Absicherung der Opfer sollte sich die Bundesrepublik aber auch mit viel mehr Nachdruck und Engagement an der Einrichtung eines Gedenkortes auf dem Siedlungsgelände, weiteren erinnerungspolitischen Maßnahmen sowie der umfassenden Aufklärung der Verbrechen und der Verfolgung der Täter beteiligen. DIE LINKE wird nicht locker lassen und weiter darauf drängen, dass dieses dunkle Kapitel deutscher Außenpolitik endlich aufgearbeitet wird.