Sicherheitsgesetze unabhängig evaluieren lassen
Die in den letzten Jahren, auch unter Rot-Grün verabschiedeten Sicherheitsgesetze müssen unabhängig evaluiert werden. Die Gesetze dürfen nicht von denen, die sie geschrieben haben überprüft werden, sondern von Bürgerrechtlern, unabhängigen Rechtsanwälten, Journalisten und viele anderen. Vor allem müssen sie auf den Aspekt überprüft werden, ob das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit noch stimmt, so Jan Korte in seiner Rede zum Antrag der Grünen, Sicherheitsgesetze zu evaluieren.
Jan Korte (DIE LINKE):
Herr Präsident! liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant, was heute aus den Reihen der Koalition so alles geboten wird. Ich muss sagen, der gestellte Antrag ist in der Tat sehr sinnvoll. Ich glaube, dass kann man erst dann richtig würdigen, wenn man sich anschaut, welche Eingriffe in die Bürgerrechte in den letzten Jahren stattgefunden haben. Die Gesamtsumme der Eingriffe zeigt in der Tat, dass wir dringend eine Evaluierung brauchen, weil Evaluierung immer auch ein Stück weit Selbstkorrektur - man könnte auch sagen, Selbstkritik - wie auch immer, bedeutet. Wir brauchen nämlich eine Abrüstung nach innen und außen. Das ist angemessen.
[Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)]
Der Kollege Wieland hat das Beispiel schon genannt. Es ist ein relativ lustiger Vorgang, dass, ich sage einmal, die härtesten Innenpolitiker ihre härtesten innenpolitischen Gesetze evaluieren, überprüfen und - potz Blitz! - zu der Erkenntnis kommen, dass die Ergebnisse spitze sind und man sogar noch viele neue braucht. Das ist in etwa so, als sollte sich die CDU/CSU-Fraktion in der Öffentlichkeit selbst im Hinblick darauf evaluieren, wie ihre Politik ist. Sie ist natürlich nachweislich schlecht, aber Sie werden logischerweise sagen, dass sie gut ist. So kann man nicht seriös evaluieren. Das muss unabhängig geschehen.
[Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)]
Ich will Ihnen ein ganz konkretes Beispiel dafür nennen, dass man schon von hier aus evaluieren kann. Wir erinnern uns an die harten Debatten, die wir zur Befugnis der Onlinedurchsuchung im BKA-Gesetz geführt haben. Das ist nun recht interessant. Wir wollten konkret evaluieren und haben eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Nachdem die Onlinedurchsuchung in das BKA-Gesetz aufgenommen worden ist, wollten wir wissen: Wie oft hat das BKA eigentlich eine Onlinedurchsuchung durchgeführt? Von der Bundesregierung haben wir die Antwort bekommen, das ist wirklich toll: In der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 21. Mai 2010, also rund ein Jahr, wurde keine einzige Onlinedurchsuchung durchgeführt. Keine einzige! Wenn man eine seriöse Evaluierung durchführen würde, käme man zu folgendem Schluss: Das müssen wir streichen. Weg mit der Onlinedurchsuchung. Man braucht sie gar nicht. Sie gefährdet die Bürgerrechte. Das wäre die richtige Schlussfolgerung. Davor drücken Sie sich aber. Das ist der Grund, weswegen Sie diesen Antrag nicht wollen.
[Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)]
Weshalb wollen Sie diesen Antrag nicht? Diese Frage ist in der Tat sehr interessant. Wir brauchen eine Evaluierung der beiden Pole Freiheit und Sicherheit. Sind sie noch im Lot? Eine solche Evaluierung muss vor allem unabhängig sein. Wir brauchen keine harten Sheriffs aus Ihren Reihen, die die Gesetze überprüfen, sondern Bürgerrechtler, unabhängige Rechtsanwälte, Journalisten und viele andere. Die Bürger- und Persönlichkeitsrechte müssen ebenfalls evaluiert werden, um herauszufinden, inwieweit sie in Mitleidenschaft gezogen worden sind
[Zuruf von der CDU/CSU: Kein einziges Mal! Das haben Sie doch eben gesagt!]
bzw. nicht in Mitleidenschaft gezogen worden sind; auch das ist möglich.
Ganz sicher ist - das das haben wir jetzt mehrfach gehört; das richtet sich auch an diejenigen, die im Innenausschuss sitzen: Wir müssen evaluieren, wie die Sicherheitslage in der Innenpolitik aussieht, denn darauf fußt eine seriöse Gesetzgebung. Wir bekommen ständig Terrorwarnungen. Zum Glück ist dies seltener geworden. Es war dennoch erst kürzlich der Fall. Das Problem ist, dass man nicht überprüfen kann, wie groß die Gefahr wirklich ist. Wie will man da sachlich über solche Gesetzesvorhaben reden? Deswegen sind Sie in der Pflicht, endlich offenzulegen, wie die Sicherheitslage ist. Erst dann kann man solche Gesetzesvorhaben seriös behandeln.
[Beifall bei der LINKEN]
Natürlich werden wir diesen Antrag unterstützen. Eines will ich den Grünen aber noch mit auf den Weg geben.
[Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da würde auch was fehlen!]
Noch besser, Kollege Wieland, als Evaluierungsdebatten zu führen, wäre es für die Grünen, solch schlechten Gesetzesvorhaben erst gar nicht zuzustimmen. Dann brauchen wir sie nämlich nicht zu evaluieren.
[Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann bräuchten Sie auch keine Evaluierung!]
Die Linke stimmt so etwas niemals zu.
Danke.
[Beifall bei der LINKEN]