Aufarbeitung der BND-Geschichte muss weiter gehen
„Es ist gut, dass die fünfjährige, äußerst verdienstvolle und wichtige Arbeit der Unabhängigen Historikerkommission zur Aufarbeitung der Frühgeschichte des BND (UHK), nun erste Früchte trägt. Allen Beteiligten gebührt großes Lob und Dank. Man darf gespannt sein, was die Kommission in den nächsten anderthalb Jahren noch vorlegen wird. Insbesondere die Bände, die das operative Vorgehen des BND im In- und Ausland beleuchten, dürften etliches an Neuem ans Licht bringen. Die zentrale Frage wird sein, inwieweit tatsächlich alle der 54.000 Akten und 5 Millionen Mikrofilmseiten, die die UHK untersucht hat, ans Bundesarchiv abgegeben werden. Aktuell steht durch die Novelle des Bundesarchivgesetzes zu befürchten, dass BND und Verfassungsschutz künftig weitgehend selbst und unkontrolliert entscheiden könnten, was sie an das Bundesarchiv abgeben und was nicht. BND und Kanzleramt sind gefordert hier schnell Klarheit im Sinne größtmöglicher Transparenz zu schaffen. Gleiches gilt auch für die Forderung, dass die Aufarbeitung auch nach Abschluss der Arbeit der UHK 2018 weiter gehen müsse. Denn die meisten BND-Mitarbeiter mit starker NS-Belastung schieden erst mit ihrer Pensionierung in den 1990er Jahren aus und hatten in den 70er und 80er Jahren ihren größten Einfluss im Geheimdienst“, erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der gestrigen Vorstellung der ersten vier Bände einer auf 13 Bände angelegten Dokumentation der Geschichte des BND durch die Unabhängige Historikerkommission. Korte weiter:
„Die Ergebnisse der UHK werden die Geschichte der Bundesrepublik in Teilen neu schreiben. Dies war überfällig. Der Befund, wonach sich in der Organisation Gehlen kaum ein Mitarbeiter befunden habe, der nicht enge biografische Bezüge zu den Institutionen des NS-Staates besaß und all jene vor 60 Jahren in den BND übernommen wurden, kommt nicht überraschend. Erschreckend ist dennoch das Ausmaß der Normalität und Selbstverständlichkeit, mit der die Mörder mit ihrem paranoiden Antikommunismus einfach weitermachen und erneut ungestört gegen Antifaschisten und Demokraten vorgehen konnten.
Zumindest bei der Geschichtsaufarbeitung will der BND nach eigenen Aussagen mehr Transparenz wagen. Die Berichte der Historiker, wonach mindestens alle von ihnen zitierten Quellen abgegeben und dann für eine wissenschaftliche Überprüfung zur Verfügung stehen würden, lässt diesbezüglich hoffen. Positiv ist auch, dass der BND bei den bisherigen Veröffentlichungen offenbar nur in wenigen Fällen einer Nennung von Namen und Quellen nicht zugestimmt hat. Es bleibt allerdings abzuwarten, was in den laufenden Verhandlungen über die weiteren Bände, die weitaus mehr an Brisanz in sich bergen dürften, herauskommt. Hier darf sich der Dienst nicht hinter irgendwelchen Sicherheitsinteressen befreundeter Staaten verstecken.
Eine demokratische Gesellschaft hat ein Recht auf Information und Transparenz. Wir brauchen deshalb endlich eine gesetzliche Regelung, die die Akteneinsicht in 30 Jahre alte Akten auch bei den Nachrichtendiensten sicherstellt."